A travel report from our guest Dagmar from Germany. With charm, fun and lightness, she gives us an insight into her week with Harry Potter, Ebe the Haflinger and plum cake . Grazie Dagmar
Wenn man nach Norwegen will und in den Abruzzen landet… .
Winter 2020. Die Corona-Pandemie bestimmt unseren Alltag. Noch im vergangenen Sommer bin ich zu Pferd durch Korsika gezogen… weit weg von Lock-down und Quarantäne-Bedingungen. Werde ich das wieder können? Ich habe mir Skandinavien als Ziel ausgesucht – hier scheint man zum Zeitpunkt meiner Buchung die Pandemie gut im Griff zu haben – und möchte im Juli den Gletschertrail entlang der schwedischen Grenze reiten. Dann werden im Frühjahr wieder die Grenzen geschlossen und eine Einreise ist für Touristen nur unter verschärften Bedingungen möglich. Eine 10tägige Quarantäne erscheint im Rahmen einer Urlaubsplanung nicht sehr verlockend. Ich kontaktiere den Veranstalter … . und dieser schlägt mir Molise vor, eine Region, von der ich noch nie gehört habe. Sternritte sollen es sein, man kehrt abends immer wieder an den Ausgangsort zurück. Nach den Trails der letzten Jahre erscheint mir ein Urlaub ohne ständiges Rucksackpacken recht angenehm…und so packe ich meine sieben Sachen und befinde mich in der letzten Juliwoche auf dem Weg nach Italien… .
Molise
Molise ist eine Region in Mittel- und Süditalien und dehnt sich über den Apennin bis zum Adriatischen Meer aus. Sie grenzt im Norden an die Abruzzen, im Westen an Latium, im Südosten an Apulien. Die Schätze der noch wenig bekannten Region sind Natur, Geschichte und Kunst, alte Traditionen und eine landestypische Gastronomie. Es gibt viel zu entdecken: wunderschöne Gebirgs- und Hügellandschaften, eine bunte Pflanzenwelt, alte Viehtriften, die das ganze Land durchziehen, archäologische Stätten und romantische Burgruinen.
Die Landschaft des Molise teilt sich in Alto Molise, welches durch hohe Bergzüge, eine teils unberührte Natur und stille Bergdörfer geprägt ist, und in Basso Molise, dessen Hügellandschaft sich bis zur etwa 50 km weit reichenden Küste von Molise erstreckt.
Molise ist erst seit 1963 eine eigenständige Verwaltungseinheit, vorher gehörte es zu den Abruzzen. Seine Geschichte reicht jedoch bis in die vor-römische Zeit zurück, wo die Samniten diese Region besiedelten. Später schauten auch die Langobarden vorbei und errichteten im Ort Venafro ein eindrucksvolles Kastell. Heute ist Molise in die Provinzen Isernia und Campobasso unterteilt.
Und hierhin bin ich unterwegs, um unberührte Natur auf dem Pferderücken zu erleben… .
Anreise – der geheime Bahnsteig
Um 4.30 klingelt der Wecker. Ich verbringe eine hektische halbe Stunde mit dem letzten Packen und bin kurz nach 5 Uhr auf der Autobahn Richtung Flughafen. Der Frankfurter Terminal I ist auch zu dieser frühen Stunde unglaublich belebt – man reist wieder! Ich schleppe meinen Rucksack zur Gepäckaufgabe und marschiere mit leichtem Gepäck zur Security… und in eine unglaublich penible Gepäckkontrolle, die jedes zweite Gepäckstück auf dem Band auseinandernimmt. So schaffe ich es gerade noch pünktlich ans Gate, und pünktlich beginnt auch das Boarding, und wir landen um 9.15 in Rom Fiumicino. Ich sammele mein Gepäck ein und gehe erst einmal frühstücken.
Dann heißt es erstmal, den Bahnhof zu finden. Dazu muss man zwei Stockwerke über der Arrival-Ebene erklimmen, was sich auf Grund der „Nur 1 Person pro Fahrstuhlkabine“ Vorschrift (an die sich kaum jemand hält), nicht ganz unkompliziert gestaltet. Mit dem Leonardo Express fahre ich nach Roma Termini und frage mich nach dem Anschlusszug nach La Rocca durch. Dieser soll auf Gleis 15 abfahren. Nur – das Gleis 15 scheint’s nicht zu geben. Ratlos stehe ich zwischen 14 und 16 und laufe nur auf Grund der hektischen Gebärdensprache der Bahnhofsmitarbeiterin weiter. Ist das hier wie bei Harry Potter, wo ich das geheime Gleis zum Hogwarts-Express finden muß? Tatsächlich teilt sich der Bahnsteig nach 300 Metern und in der glühenden Hitze sehe ich einen einsamen Zug und lese: Gleis 15. Ich muss noch eine geschlagene Stunde warten, bevor der Zug seine Türen öffnet und stelle fest: römische Bahnsteige sind was für Depressive…
Ich komme kurz nach 15 Uhr in La Rocca an. Das Umsteigen in den Bus nah Isernia erfolgt reibungslos. Gegen 16 Uhr bin ich vorerst am Ziel … der Transfer zum Reiterhof soll um 19 Uhr stattfinden, und bis dahin kann ich mich ein bißchen umsehen. Ich fasse den spontanen Entschluss, mir das regionale Museo Paleolitico anzuschauen. Nach einer halben Stunde Fußmarsch mit Gepäck erreiche ich das Museum, darf meinen Rucksack parken und wandere durch steinzeitliche Dioramen und Säle voller Faustkeile und anderer Werkzeuge. Eine sehr schöne Einstimmung in die Region. Dann geht es nochmal eine halbe Stunde zurück, und ich gönne mir ein eiskaltes Bier in der Bar am Bahnhofsplatz. Es können auch zwei gewesen sein. Dann steht Carmine vor mir, fragt „Dagmar ?“, lädt sich meinen Rucksack auf, und schon sind wir unterwegs nach Carovilli, wo ich herzlich auf Altavia empfangen werde. 2 weitere Reitgäste – George und Carmen – sind schon da. Es gibt ein leckeres, gemütliches Abendessen, und auf einmal merke ich, wie müde ich bin…
Morgen geht es los.
Der 1. Reittag … zurück im Westernsattel, yeehaw …
Wir lassen es gemächlich angehen. Um 8 Uhr gibt es Frühstück… noch in kurzen Hosen. Es ist sonnig und noch kühl. Kleine gefleckt-getigerte Katzen lauern um
den Frühstückstisch, 2 Hunde, Buck und Milou, leisten uns Gesellschaft. Es herrscht keine Eile, heute ist „nur“ der Proberitt.
Wir gehen zum Stall und begutachten die Pferde – wunderschöne Tiere, die uns neugierig betrachten. Über eine Boxentür schaut mich eine Quarter Schimmelstute an. „Das ist Patsy!“ sagt Sandra, unsere Führerin. „Die kannst Du heute reiten.“ – Ich schlüpfe in die Box und stelle mich dem kleinen Fliegenschimmel vor. Später erfahre ich, dass Patsy gerne ausbüxt und zum benachbarten Reitzentrum abwandert. Daher steht sie heute auch in einer eigenen Box. Ich hole Putzzeug und Halfter und Sandra zeigt mir Zaumzeug und Sattel. Ich wuchte den prächtigen Westernsattel auf Patsy’s Rücken und rufe meine Erinnerungen aus vergangenen Western-Trails ab.
Wir führen die Pferde bis zur Straße und sitzen auf. Erst gibt es einen Schluck Kräuterschnaps aus dem silbernen Flachmann, den Sandra mir gestern noch fürsorglich zugesteckt hat… Es geht in den Wald. Der Himmel hält sich bedeckt. Wir reiten über blühende Felder, die alpine Flora gibt ihr Bestes. Tatsächlich sind wir über 1.000 m hoch. Das offene Feld lädt zu langen Galoppaden ein. Mein eigenwilliges Stütchen schnaubt und prustet und zeigt, dass man auch seitwärts springen kann. Mann, ist die drauf… .
Unser Sonntagsritt führt uns auf den Monte Ingotta. Am frühen Nachmittag sind wir zurück. Wir versorgen die Pferde und setzen uns zu Käse, Tomaten und Brot an den Holztisch vor dem Haus und ziehen Bilanz. Ein wunderschöner Ritt, aber ich bin nicht so ganz mit mir zufrieden – zu sehr hat Patsy mir gezeigt, wo’s ihrer Meinung nach lang geht. Ich ziehe ich zu einem kleinen Mittagsschläfchen zurück, und als ich aufwache, ist meine Zimmergenossin Heike eingezogen, und wir lernen uns kennen…
Abends erwartet uns ein reichhaltiges Menü im Ristorante des Reitzentrums, der Wein fließt in Strömen, und morgen reiten wir richtig los… .
Der 2. Reittag … Traumpartner auf vier Beinen
Ich schlafe tief und traumlos und finde mich um 8 Uhr am gedeckten Frühstückstisch ein, wo wir Käse, Toast und Weintrauben schmausen. Heute ziehen wir mit Carmine los, es wird ein langer Tag.
Sandra grinst mich an: “Du kannst heute mal Ebe reiten, ich glaube, Ihr werdet Euch vertragen. Patsy ist mal wieder ausgerückt.“ Neugierig wende ich mich der stämmigen Haflingerstute zu, die noch beim Frühstücken ist. Sie läßt sich brav putzen und satteln, nebenan packt Carmine zwei Taschen mit verheißungsvollem Inhalt – unser Picknick – auf ein Packpferd.
Wir steigen direkt am Haus auf und schlagen uns durch den Wald über schmale Wege und durch dunkle Laubtunnel. Carmine zückt eine kleine Machete und schlägt die schlimmsten Ranken beiseite. Schließlich winkt er Ebe und mich vorbei, und wir dürfen den Troß anführen. Das klappt recht gut, mein Alpen- Quarter und ich können uns gut verständigen. Schließlich erreichen wir ein weites Feld, und los geht’s im Galopp. Yee-haw! Ich habe mein Pony gefunden!
Heute jagt ein Galopp den nächsten, wir machen ordentlich Strecke. Schließlich tauchen wir in ein Eichenwäldchen ein, und es geht stetig bergan. Carmine’s Machete kommt wieder zum Einsatz. Wir halten an einem wunderschönen Platz, wo eine steinerne Pferdetränke und zwei Holztische wie von ungefähr zum Picknick einladen. Sattelgurte lockern, abtrensen, ein bißchen knuddeln, rasch ein Selfie gemacht und an Sandra geschickt „Gestatten – Dreamteam!“ – dann lassen wir uns zum Mittagsschmaus nieder. Carmine packt eine selbstgebackene Fritatta und einen ‚Caciocavallo‘– einen regionalen Hartkäse – auf den Tisch, außerdem Wein und Bier, Brot… .. anschließend ist Zeit für ein Nickerchen im Schatten.
Der Rückweg dauert nochmal drei Stunden. Wir galoppieren durch das Valle Fredda dem Abend entgegen… . Glücklich und erschöpft erreichen wir den Hof. Sandra freut sich: „Ich wußte, dass es mit Euch klappt!“
Abends sitzen wir in der Küche und Carmine tischt mir Fischstäbchen auf. Ich muss lachen. „Leute, nur weil ich Pescetarier bin und kein Fleisch esse, müßt Ihr mir nicht jeden Abend eine Extra-Wurst (bzw. Extra-Fisch) braten! Ich esse gerne Pasta und Gemüse!!!!“
Der 3. Reittag … Pferde auf der Piazza
Beim Frühstück mopse ich einen Apfel für Ebe, bevor es in den Stall geht. Patsy hat sich über Nacht davongemacht. Ebe schaut zu mir hin und dreht sich weg. Hey, was soll das denn heißen? Ich flöte: „Komm, Prinzessin, heute ist ein neuer Tag.“ Die Ohren werden gedreht, Ebe kaut … und die Prinzessin kommt tatsächlich. Es wird aufgesattelt. Den Flachmann hat Sandra bereits gestern wieder aufgefüllt, und schon zieht sie die eigene Flasche und wir prosten uns auf einen guten Tag zu, bevor ich den Trank an Heike weiterreiche… Heute sind nur wir 4 Frauen unterwegs… aus Gründen… Carmine wird Patsy einfangen.
Über kleine Hohlwege bewegen wir uns auf Carovilli zu. Vor dem Ort halten wir an, und Sandra weist uns an, entlang des ausgetrockneten Bachbetts ein paar Schritte in eine kleine Schlucht zu unternehmen, während sie auf die Pferde aufpaßt. Der kleine Abstecher lohnt sich. Links türmt sich eine hohe Felswand
auf, während rechts der Blick durch die Schlucht auf Wälder und Berge fällt. Ein eindrucksvoller Ort.
Wir sitzen wieder auf und reiten ins Städtchen. Schutzpatron von Carovilli ist der Benediktinermönch Santo Stefano del Lupo, der im späten 12. Jahrhundert gelebt hat, und dessen Abbild ich in der Kirche an der kleinen Piazza betrachten darf, auf die wir einreiten. Hier herrscht ein buntes Treiben, und wir suchen uns einen Platz, an dem wir unsere Pferde anbinden können. Sicherheitshalber rückt Sandra noch die am nächsten stehenden Blumenkübel beiseite, bevor sie Ebe und ihren Kollegen zum Opfer fallen, dann lassen wir uns an einem kleinen Tischchen in der Sonne zu einem „Aperitivo“ nieder. Die Blicke der Einheimischen ruhen auf uns, und es dauert nicht lange, bis eine ältere Signora auf Italienisch zu zetern anfängt, weil ein Pferd sich erdreistet hat, auf die Piazza zu äppeln. Sandra steht Rede und Antwort, man echauffiert sich, ich amüsiere mich … schließlich brechen wir auf, Sandra sammelt die Pferdeäpfel in einen mitgebrachten Sack, nicht ohne sie vorher der kampflustigen Signora unter die Nase zu halten, die entsetzt quiekend zurückweicht.
Mit einem Gefühl der Rechtschaffenheit reiten wir aus dem Ort, komplimentiert von einem älteren Herrn, der es sich nicht nehmen läßt, Photos von uns zu machen („Ich liebe Pferde!“). Dann geht es über einen steilen Aufstieg hoch zur Ruine der Kirche von Castiglione, in deren Hof wir die Pferde parken, bevor wir auf den Glockenturm steigen, um die noch tönende Glocke zu läuten. Vom Turm hat man einen schönen Blick auf das Tal. Wir picknicken im Schatten der Kirchmauer, bevor wir gemächlich den Abstieg beginnen. Der Heimweg lädt wieder zu einem flotten Galopp ein.
Nachdem wir die Pferde versorgt haben, erfolgt ein kurzer Blick auf die Uhr – das örtliche Schwimmbad hat noch eine Stunde auf! Heike, Sandra und ich schnappen uns Badeanzüge und Handtücher und tauchen kurz, aber göttlich in das kühle Nass… .
Gerade als wir zurückgekehrt sind, fährt Carmine vor … das Fenster an der Fahrerseite ist offen, ein Strick hängt ‘raus, am anderen Ende befindet sich Patsy… .
Es folgt Abendessen am Holztisch, Wein, Tagebuch … es ist so schön hier, und die Zeit vergeht wie im Fluge.
Der 4. Reittag … Plantschen, Picknick und Kultur
Und wieder sitzen wir pünktlich um 8 Uhr am Frühstückstisch bei Kaffee, gerösteten Brotscheiben, Käse… . Sandra stellt noch eine Schüssel mit gelben Pflaumen auf den Tisch („Die müssen weg.“).
Unten im Stall äugt Ebe mich vorsichtig an … kommt dann aber tatsächlich auf Zuruf. Immerhin habe ich sie gestern auch aus Leibeskräften „besungen“, das scheint ihr gefallen zu haben. Putzen und Satteln ist mittlerweile schon Routine. Heute wird’s ein langer Ritt, da kommen auch die Hufschuhe drauf. Die wollen unterwegs immer wieder überprüft werden …
Durch den Wald geht es hinunter an ein Flüßchen, welches durchquert wird. Ebe nutzt dies zu ausgiebigem Plantschen. Mein Lachanfall wird tatsächlich auf einem Video festgehalten – Ebe ist so übermütig! Prustend klettern wir beide am andern Ufer die Steine hinauf. Es folgt ein tapferer Aufstieg durch lichte Wälder bis auf eine Hügelkuppe, die uns einen schönen Blick auf Pietrabbondante schenkt. Es ist über 30 Grad, aber auf Grund des frischen Windes spüren wir die Hitze kaum. Das Gras steht hoch – ein wunderbarer Platz für die Mittagspause. Wieder ist unser Packpferd reich beladen. Schnell ist die rot karierte Picknickdecke ausgebreitet, und Carmine tischt Wein, Käse, Brot und Pizza auf. Für die Pferde gibt es sattes grünes Gras. Der Wind zaust uns Haar und Mähne …
Nach einem kleinen Nickerchen geht es hinunter ins Tal von Pietrabbondante, und als kultureller Höhepunkt des Tages folgt ein Besuch des alten samnitischen Theaters, bei dem sich Heike und Carmen allerdings etwas bedeckt halten, da sie das Ganze schon aus früheren Aufenthalten kennen. So wandere ich allein mit Sandra und Carmine durch die Ruinen und lasse mir von Carmine die Anlage erklären, der mich auf viele Einzelheiten („Gryffone“ – eingemeißelte Greifen -und versteinerte Muscheln aus der Eiszeit im Mauerwerk des Tempels) aufmerksam macht. Die Steine stehen fugenlos aufeinander wie eine Zyklopenmauer. Es tut gut, ein paar Schritte zu gehen, sich auf den Steinstufen des Theaters niederzulassen und den Blick schweifen zu lassen.
Die Samniten in Molise
Die Samniten waren ein italischer Volksstamm aus der Bergregion Samnium oberhalb des Golfs von Neapel. Sie waren die ursprünglichen Siedler der Region Molise. Durch ihr Eindringen in die kampanische Küstenregion gerieten sie irgendwann in Konflikt mit den Römern und es kam zu den Samnitenkriegen.
Ein eindrucksvolles Zeugnis der Samnitenzeit ist die Kultstätte aus dem 2. Jahrhundert nahe Pietrabbondante, eine der bedeutendsten archäologischen Ausgrabungsstätten der Region und wahrscheinlich ein wichtiges religiöses und politisches Zentrum der Samniten im 2. Jahrhundert. Hier befindet sich ein Amphitheater mit erstaunlich ergonomischen Rückenlehnen und ein großer Tempel.
Schließlich steigen wir wieder auf und beginnen den langen Heimritt. Zeit genug, ein Wanderreiterlied für meine Truppe zu dichten! Am Hof angekommen, eigne ich mir die Schüssel Pflaumen an und backe, von Sandra unterstützt, einen Pflaumen-Mandel-Kuchen als krönenden Tagesabschluss.
Abends besuchen uns die Pferde auf der Weide hinter dem Haus. Ich geselle mich zu Ebe und wir „flüstern“ ein bißchen … .
Der 5. Reittag … Tratturo im Galopp
Es ist noch Pflaumenkuchen übrig! Dieser bietet eine willkommene Bereicherung unseres Frühstücks. Ich mag gar nicht glauben, dass dies schon unser letzter Reittag ist… Erste Wehmut schleicht sich ein; Sandra fragt gleich nach, ob mein Flachmann noch voll ist… .
Heute starten wir noch einmal als komplette Truppe, auch George schließt sich an. Noch einmal aufzäumen und satteln … jeder Handgriff sitzt. Zur Feier des Tages habe ich Ebe’s Schweif eingeflochten.
Heute wird galoppiert, was das Zeug hält. Wir haben viel Platz … unser Weg führt uns über den alten Triftweg Tratturo Castel di Sangro-Lucera Richtung Pescolanciano. Im flotten Trab reiten wir nebeneinander auf den Ort zu – jetzt könnte man die Titelmelodie von „Bonanza“ einspielen … .
Der Tratturo in Molise ist einzigartig. Dieser antike Schafsweg besteht aus
einem 2500 Jahre alten Wegenetz, genutzt von Schäfern und ihren Herden. Tratturi sind historische Triftwege entlang derer schon zur vor-römischen Zeit und bis vor wenigen Jahrhunderte die Weidegebiete des Viehs saisonal gewechselt wurden. Der Viehtrieb verlief auf streng vorbestimmten Wegen: im Herbst wechselte man von den Bergweiden in Abruzzen zu den wärmeren Flächen in Apulien; im Sommer wurde die Rückreise angetreten. Bis heute findet diese Form der Wanderwirtschaft in Italien statt.
Wir tränken die Pferde am Dorfbrunnen. Unser Zug durch Pescolanciano gleicht einer Karnevalsprozession. Leute winken, Kinder jubeln … . Ziel ist eine kleine Trattoria, wo wir unseren Mittagsimbiß einnehmen, gekrönt von einem
Nachtisch aus großartigen selbstgemachten Eiscremes des Hauses. Carmine gönnt sich gleich zwei Portionen… Danach geht es in das nahegelegene Schwimmbad, und ich verbringe 2 Stunden fast nur im Wasser.
Die Pferde haben brav gewartet. Ein letztes Mal geht es in den Sattel. Die Stunden vergehen wie im Fluge, wieder jagt ein Galopp den anderen. Ich reiße die Arme hoch…. Übrig bleibt die Frage, warum die Truppe, motiviert von Sandra, ständig Seemannslieder singen will. Vielleicht war’s der Besuch im Schwimmbad…
Schließlich Ankunft am Hof, Absatteln, Abzäumen, und das war’s … noch lange nicht. Es folgt Duschen, Packen und ein letzter feuchtfröhlicher Abend im Ristorante. Ausnahmsweise bin ich die letzte, die noch einigermaßen wach ist, denn irgendwie will ich nicht ins Bett, denn am Morgen folgt der Abschied …
Aber ich werde wiederkommen – zu diesen wunderbaren Menschen, den Triften, den Bergen – und zu Ebe. Tage später schickt mir Sandra ein Photo von meinem Halstuch, das ich auf der Wäscheleine vergessen habe. „Heb’s mir auf“ antworte ich…